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Seit August 2017 ist der Förderturm nackt. Das macht ihn einzigartig. Und zu einem echten Hingucker, der ihn von anderen Türmen unterscheidet. Sollte man ihn etwa so belassen? Eine Umfrage unter Design- und Marketingexperten aus der Region.

Auslöser für die Umfrage war eine Meinungsverschiedenheit in der Redaktion. Bei einem Treffen hatte ich angemerkt, dass ich den Förderturm ohne Seilscheiben und Treppen eigentlich sehr schön finde. Reduziert auf die pure, geometrische Form sah ich in ihm schon ein neues Wahrzeichen für Lohberg und den Umbruch nach dem Bergbau.

Die anderen waren skeptisch. Das war Anlass genug, sich einmal umzuhören. Was sagen eigentlich die Experten für Form und Schönheit zum neuen Äußeren des Turms? Sechs Grafik-Designer aus der Region haben sich auf unsere Bitte hin geäußert – und zeigen eine klare Meinung.

Förderturm-Umfrage

Jakob Wolff, Wölffe Agentur für Design und Kommunikation, Wesel

„Wir sprechen im Design oft davon, Symbole oder Grafiken auf das Wesentliche zu reduzieren. Ein Förderturm ohne Seilscheiben wurde allerdings um ein Kernelement beraubt. Würde man ein Piktogramm (eine sehr vereinfachte Grafik) eines Förderturms anfertigen, müssten die Scheiben unbedingt enthalten sein. Somit würde ich mir wünschen, dass der Förderturm in naher Zukunft wieder komplettiert wird.“

Barbara Spiekermann-Horn, SHDESIGN, Dinslaken:

„Ich finde auf alle Fälle den klassischen Förderturm schöner. Er hat ja durchaus auch eine reduzierte Optik, aber ist ein Symbol für Funktion. Mir gefällt auch die zackige Treppe, die zwischen den Rädern entlangführt. Und als Wahrzeichen für einen Stadtteil mit Kohle-Geschichte ist der „echte“ Turm viel eher geeignet.“

Moritz Hippich, Forever. Designbüro, Wesel

„Die neue Form und das neue Bild steht in meinen Augen für Fortschritt. Die Gegend hat die Abhängigkeit vom Bergbau abgelegt und startet jetzt mit der Vergangenheit in die Zukunft. Durch die Abnahme der Seilscheiben wirkt der Förderturm befreiter und eher als Wahrzeichen.“

Michael Belter, Belter-Media.Net, Voerde

„Meiner Meinung nach geht es hier weniger um Design als um das Emotionale: ehemalige Kumpel und andere, die dem Bergbau nahestehen, sehen den nackten Förderturm ohne Seilscheiben oft als ein verstümmeltes ‚Etwas‘. Rein persönlich gesehen gefällt mir eher die ‚alte‘ Variante inklusive Seilscheiben und Unterbau.“

Thorben Roth, TR\D, Dinslaken:

„Durch das Weglassen der Scheiben ist der Förderturm nicht mehr ganz so gut als Förderturm erkennbar. Schön wäre, wenn man symbolische Räder anbringen würde, wenn er solitär stehen bleiben soll oder man integriert den Turm in die Architektur eines Bauvorhabens, sozusagen ein Büroförderturm.“

Anne Graute-Otte, otte & grafikDesign, Dinslaken:

„Mir gefällt der Turm mit den Scheiben besser. Er steht als eindeutiges Wahrzeichen für den vergangenen Bergbau. Optisch vereint er mehrere Dinge: industrielle Ästhetik, Funktionalität und Tradition. Der Turm ohne die Seilscheiben wirkt durchaus auch ästhetisch, weil er auf seine Form reduziert ist. Von der ‚Aussage‘ jedoch ist er weiter entfernt vom Bergbau und damit in meinen Augen kein eindeutiges Wahrzeichen mehr.“

Nicolas Dolas, recognito GRAFIK & WEBDESIGN, Dinslaken:

„Der reduzierte Förderturm regt in jedem Fall zum Nachdenken an. (…) Auf mich wirkt der Anblick allerdings recht verstörend zerstört, unvollkommen aber eher statisch als im Aufbruch.. Dieser Eindruck verstärkt sich, steht man direkt vor dem Turm. Die absteigend eingegrabenen Seilscheiben wecken Assoziationen von Niedergang, Abschied, Vergangenheit… Als Symbol des Neuanfangs wirkt das Ensemble auf mich leider nicht. Auch wenn es ein Alleinstellungsmerkmal ist. Aber das war der komplette Turm auch, der ja extra für Lohberg konstruiert wurde und in dieser Form einzigartig ist.

Erst Ende 2019 wieder in alter Pracht

Fazit: Der klassische Förderturm ist in jeder Hinsicht die Nummer eins. Nicht nur Traditionsbewusste finden ihn schöner, sondern auch unsere Experten für Design.

Bis der Turm wieder in alter Pracht mit Treppen und Seilscheiben erstrahlt, wird es allerdings noch eine ganze Weile dauern. Ein Sprecher der RAG teilte auf Mittendrin-Anfrage mit, dass die Seilscheiben noch entrostet werden müssen. Zunächst soll der Förderturm im kommenden Jahr rundum mit einem Antikorrosionsschutz versehen werden. Zum Ende des Jahres 2019 werde Lohbergs Wahrzeichen wieder vollständig eingerüstet sein.

Wie ist eure Meinung? Welchen Turm findet Ihr ansprechender? Wer bei Facebook registriert ist, kann hier unter diesem Link abstimmen.


Wir bedanken uns bei Rainer Höpken, der uns freundlicherweise das Foto des klassischen Förderturms zur Verfügung gestellt hat.