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Vollbremsung durch eine Mehrheit aus vier Parteien im Dinslakener Stadtrat: Die Sanierung der Bezirkssportanlage Lohberg wird mitten im Bau beendet. Der Frust im Stadtteil ist gewaltig, in der Politik werden heftige Vorwürfe laut. Ein Überblick.

Wer hat für den Stopp der Bauarbeiten gestimmt?

Dagegen gestimmt haben CDU, SPD, UBV und FDP.  Und das gegen die Empfehlung der Stadt und die Stimmen der anderen Parteien Grüne, die PARTEI, AWG und Linke. 21 Ratsmitglieder stimmten gegen den Sanierungsstopp – sieben zu wenig.

Wer hat den Stopp der Arbeiten vorgeschlagen?

Der Vorschlag haben in der – wie man erzählt sehr turbulenten – Ratssitzung überraschend die vier Parteien gemacht, die am Ende auch dafür gestimmt haben. Zur Abstimmung stand eine Liste mit neun verschiedenen Projekten, die nach Ansicht der Verwaltung trotz leerer Stadtkassen gebaut werden sollten.

Wie haben die vier Parteien das begründet?

Die NRZ zitiert in ihrem Bericht von der Ratssitzung ein Statement von CDU, SPD, UBV und FDP. Darin heißt es: „Derartige Projekte in Millionenhöhe müssen in der aktuellen Lage im Vergleich zu Schul-, Kinderbetreuungs- oder Sicherheitsmaßnahmen zurückgestellt werden.“ Derzeit gebe es ja Umkleidemöglichkeiten und WC-Container, da könne man sie auch weiterhin nutzen. Seitdem ist von den Parteien nichts mehr in der Öffentlichkeit zu hören.

Was sind die Gegenargumente der Stadt und der anderen Parteien?

Fangen wir mit den Argumenten an: Stadtverwaltung sahen genauso wie Grüne, AWG, Linke und die PARTEI zwingende Gründe für den Bau. Nur mit dem Ausbau der Anlage, könnten die Lohberger Vereine und auch Wacker und die SGP Oberlohberg auf die Anlage zurückgreifen.

Ohne den Bau wäre die mühsam erzielte Einigung zwischen VfB und RWS für die Katz. Noch ein Argument: Die jetzigen Kabinen und WC-Anlagen seien nur für eine vorübergehende Nutzung geeignet. Auf Dauer würden sie wegen weiterer Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen hohe Kosten verursachen. Ein weiteres Argument: Für Lohberg leisten die Sportvereine wertvolle Jugendarbeit, bieten Anschluss und Integration. Im Detail nachlesen könnt ihr das in der Beschlussvorlage der Stadt (https://t1p.de/w1jaw).

Hinzu kommt, dass der Rat eine bereits bestehende Einigung über den Haufen geworfen hat. Der Sportausschuss hatte im März schon einen Konsens über Einsparungen an der BSA Lohberg erzielt. Die mit Fachleuten durchgerechnete Sparversion sollte die Kosten um rund zwei Millionen Euro reduzieren. 

Um wie viel Geld geht es insgesamt?

Das ist uns nicht ganz klar, weil Umfang und Qualität der Bauten offen war. Es geht definitiv um mehrere Millionen. Der Architekt und frühere UBV-Vorsitzende Uli Kemmerling sprach zuletzt von sechs Millionen Euro.

Wie fallen die Reaktionen der Vereine aus?

Heftig. Die Vereine sind stinksauer, unter anderem weil die Parteien vorher nicht mit ihnen gesprochen haben.

VfB-Präsident Nils Heinze sieht die Existenz seines Vereins bedroht. „Ich bin wirklich fassungslos über diese vier Parteien, die sich offenbar vorher abgesprochen und zu diesem Schritt entschlossen haben“, sagte er der NRZ.

RWS-Vorsitzender Ali Acabuga kommentiert: „Unsere ganze Arbeit wird durch diese Entscheidung, anders kann ich es wirklich nicht ausdrücken, sabotiert. Vieles steht nun auf der Kippe, etwa die Zukunft der Mädchenmannschaften. Und die schimmelnden Umkleiden seien auch für die Herren eine Zumutung.

Gibt es Reaktionen aus der Politik?

CDU, SPD, UBV und FDP sind weitgehend auf Tauchstation gegangen. Ganz anders die anderen.  Eine Auswahl.

Niklas Graf, Grüne, schimpfte, das sei der Sargnagel für die Vereine und ihre wichtige Arbeit im Sozialen.

Die PARTEI veröffentlichte auf Facebook ein wütendes Statement. Dort heißt es unter anderem: „Ein weiterer Schlag in die Magengrube für einen ganzen Stadtteil und insbesondere das lokale Vereinsleben, in dem Sport und soziale Vernetzung einen so wichtigen Baustein zur Integration darstellen.“

Ali Kaya von der AWG sagte in einem Statement, der Beschluss zerstöre das Vertrauen in die Politik. Alle Vereine hätten sich darauf verlassen, dass die versprochene Sanierung auch kommt.

Gerd Baßfeld, Die Linke, Vorsitzender des Sportausschusses, sprach von einem Wortbruch und kompletten Verlust der Glaubwürdigkeit von CDU, SPD, UBV und FDP. „Die betroffenen Sportvereine sind zu Recht sauer, denn nicht nur sie, sondern auch die Verwaltung mit ihrer Planung und die Politik wurden getäuscht und brüskiert.“

Was jetzt? War es das?

Die Stimmung ist im Keller, das Vertrauen in die Politik hat Schaden genommen. Seit dem Eklat im Rat wurden aber einige Initiativen ergriffen. 

Uli Kemmerling, früher UBV-Vorsitzender und immer noch politisch schwer engagiert, will die Sportanlage noch nicht verloren geben. In einem Aufruf, lädt er dazu ein, mit ihm Möglichkeiten zu prüfen, wie der Bau doch noch finanziert werden könnten. Interessierte können sich unter bsa-dinslaken@posteo.de gerne melden.

Eyüp Yildiz, stellvertretender Bürgermeister und SPD-Ratsherr, hat vorgeschlagen, unter dem Titel „Gemeinsam und respektvoll für Dinslaken“ alle Parteien und die Verwaltungsspitze an eine Art runden Tisch eingeladen, falls nötig auch mit der Hilfe eines Vermittlers. Inhaltlich soll es aber um das zerrüttete Klima in der Politik gehen, nicht die Bezirkssportanlage.

Auch die FDP-Ratsherren Dennis Jegelka und Felix Ülhoff haben zum Gespräch eingeladen: Wer seine Meinung schildern will, soll zu ihnen kommen und mit ihnen im Rahmen ihres Podcasts sprechen (nicht live). Kopfschütteln hat eine Formulierung in der Einladung ausgelöst: „Wir glauben, dass es wichtig ist, nach ein paar Tagen Ruhe noch einmal gemeinsam über die getroffenen Entscheidungen und ihre Auswirkungen nachzudenken.“

Das hätte man wohl besser vorher getan.

PS: Der Podcast wurde am Mittwoch veröffentlicht, zu Gast sind dort Bürgermeisterin Michaela Eislöffel und Niklas Graf von den Grünen.