Das Video aus dem Bergpark hat schon mehr als 350.000 Abrufe. Seit dem Mai 2021 steht es im Netz. Zu sehen ist der Lohberger Musiker Tuncay Dilekci mit einem Titel über den Bergbau und seine Tradition. Was ist da los?
Auch für Tuncay ist dieser Titel etwas besonderes. Den Titel Zonguldaklıyız hat er selbst komponiert. Und für den Videodreh mächtig aufgefahren. Musiker und Tänzer sind vor dem Förderturm zu sehen, alle prächtig gut gelaunt. Und immer wieder Tuncay, mal in Lederjacke, mal in der Kluft eines Bergmanns mit einem Helm der Deutschen Steinkohle.
Musik von Anfang an
Nach der Veröffentlichung auf dem türkischen Musikkanal netd müzik ging der Clip durch die Decke.
Für Tuncay, 42 Jahre alt, ist das ein Höhepunkt in einer lebendigen Musiker-Biographie. Begonnen hat sie – natürlich – in Lohberg, wo er aufgewachsen ist. Von seinem Vater übernahm er als kleiner Junge die Liebe zur türkisch-orientalischen Musik. In der Familie gehörte das zum Alltag. Regelmäßig griff Tuncays Vater zur Saz, einer bauchigen Gitarre mit langem Hals, und sang dazu die geliebten Lieder aus der alten Heimat. Gelebte Tradition.
Tuncay hat die Begeisterung für die musikalische Tradition übernommen. Schnell folgte der Schritt vom Wohnzimmer in Lohberg auf die Bühne. Vor allem bei Hochzeiten oder anderen Festen kamen die Traditionals gut an. Und zwar so gut, dass Tuncay damit schon seit etlichen Jahren als Musiker gebucht wird. Dann kommt er allein oder wenn erwünscht mit Band und sorgt für ausgelassene Stimmung. In einem normalen Jahr kommen da schon um die 50 Auftritte zusammen. Vor allem in NRW.
Ein Lied über Heimat und Tradition
„Mit Corona war das alles kaputt“ erzählt Tuncay. „Aber dafür hatte ich Zeit, zur Ruhe zu kommen und etwas eigenes auf die Beine zu stellen. Mit „Zonguldaklıyız“ habe ich dann während des Lockdowns ein Lied über meine Heimat geschrieben und was Tradition für mich bedeutet.
Der Titel ist somit auch ein Stück lebender Geschichte. Denn es ist der Bergbau, der Lohberg und die türkische Stadt Zonguldak zusammenbrachte. In den Sechziger Jahren kamen viele Türken von der Schwarzmeerküste nach Deutschland, weil sie Kenntnisse im Bergbau hatten. Dort, an der Schwarzmeerküste, hatten Sie schon unter Tage gearbeitet. Als Gastarbeiter der ersten Generation kamen viele von ihnen nach Lohberg. Jetzt ist Lohberg zur neuen Heimat geworden. „Über diese Verbindung singe ich in meinem Lied“, erklärt Tuncay.
Erfolgsrezept mit Büffel-Joghurtcreme
Dass ihr Heimatort eine zentrale Rolle in einem Musikvideo aus Deutschland spielt, sorgte auch bei den Menschen in Zonguldak für ein großes Hallo. Viele staunten darüber, wie da jemand in Deutschland ihre Stadt abfeierte. Nämlich mit Herzblut. Wenn man die türkische Sprache nicht versteht, kann man die Freude im Lied doch halbwegs erahnen, wenn man sich den Refrain übersetzen lässt. Dort heißt es:
„Wir sind wertvoll, wir sind süß,
wir sind Büffel-Joghurtcreme
unser Auto-Kennzeichen ist 67,
weil wir aus Zonguldak sind“
Tuncay und seine Frau müssen beim Versuch zu übersetzen immer wieder lachen. „Das ist im Deutschen kaum zu transportieren“, sagen sie. „Aber es geht darum, dass die Menschen in Zonguldak etwas Besonderes und dass sie stolz darauf sind. Und die Büffel-Joghurtcreme zählt auf jeden Fall dazu, das ist nämlich eine Spezialität.“ Und am Ende auch eine Erklärung dafür, dass Tuncay in Zonguldak nun ziemlich populär ist.
Tanzen im Lockdown
Aber nicht nur dort. Auch die Menschen in Lohberg kennen und schätzen ihn. Wie eng die Bindung ist, sieht man in früheren Videos, die ebenfalls im Stadtteil entstanden sind, zumindest zum Teil. Richtig toll geworden ist „Tokat Kebabı“. Es entstand im Lockdown 2020. Und zeigt Menschen in ihren Wohnzimmern, wie sie zu Tuncays Musik tanzen und lachen. Jeder für sich und dennoch alle gemeinsam.
Wenn Tuncay zurückschaut auf die vergangenen Monate, ist der 42-Jährige froh und erleichtert. Endlich kann er zurückkehren auf die Bühne. Endlich ist der ganze Lockdown-Mist vorüber. Einige Auftritte für 2021 sind schon hereingekommen. Und so erfolgreich er mit seinen Videos auch sein mag – nur wenn er live musizieren kann, ist er ganz in seinem Element.
Jammen im Bergpark
Manchmal , so hat Tuncay uns erzählt, sitzt er mit seiner Saz im Bergpark und spielt. Und wer weiß? Vielleicht kommt es bald wieder zu einem Happening wie vor ein paar Monaten. „Da kam ich ins Gespräch mit den Leuten von Sijambo, einer Dinslakener Trommelgruppe, die ebenfalls im Bergpark Musik machen wollte. Da haben wir uns zusammengetan. Afrikanische Trommeln und orientalische Rhythmik, das war herrlich, ein großer Spaß!“
Also am besten, Ihr spitzt die Ohren, wenn ihr demnächst wieder in Lohberg unterwegs seid.
Tuncay im Netz
Info
Im Netz ist Tuncay auf allen gängigen Kanälen zu finden, Spotify inklusive. Einen Überblick liefert seine Homepage. Auch die hat übrigens einen Blick verdient. Allein wegen der tollen Fotos. Mit dem Bergpark als Kulisse.