Die Blaue Bude hat erneut einen tollen Preis abgeräumt: Die Wüstenrot-Stiftung hat sie als herausragendes Beispiel für „Gebaute Orte für Demokratie und Teilhabe“ geehrt. „Wir freuen uns riesig“, sagen Janet Rauch und Gilbert Kuczera. Dennoch blicken sie mit gemischten Gefühlen in die Zukunft.
Die Bude setzte sich in einer Konkurrenz von 455 Projekten aus ganz Deutschland durch. Den Preis teilt sich die Blaue Bude, ein zentrales Projekt des Forum Lohberg, mit fünf anderen Initiativen. Die unabhängige Jury unter dem Vorsitz des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio entschied sich für sechs „herausragende Beispiele, die demokratische Werte stärken und die Teilhabe unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen durch gebaute Orte unterstützen“. Insgesamt 105.000 Euro Preisgeld werden ausgeschüttet, 20.000 Euro davon gehen an die Blaue Bude.
In der Begründung der Stiftung heißt es zum Kiosk an der Hünxer Straße:
„Als kleines Raumwunder mit wenigen Quadratmetern schafft die Blaue Bude einen Ort der Identifikation für den vom Kohlebergbau und seinem Ende geprägten Ortsteil Lohberg. Sie knüpft an die im Ruhrgebiet verbreitete „Büdchen“-Kultur an und ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Transformation althergebrachter Orte des Austauschs und der Kommunikation, die zu (neuen) Schauplätzen demokratischer Aushandlung und sozialen Miteinanders werden. Besonders gewürdigt wird das Engagement zahlreicher lokaler Akteure für den Neubau am historischen Standort und für ein breit gefächertes, unterschiedliche Zielgruppen ansprechendes Programm.“
Jury-Begründung der Wüstenrot-Stiftung
Die Blaue Bude gibt es seit 2017. Ursprünglich diente der historische Kiosk an der Hünxer Straße 422, direkt an der Zechenmauer gelegen, als Schaffnerhäuschen. Für die Bergleute und deren Familien war er ein wichtiger Treffpunkt. Nach dem Ende der Zeche wurde er vorübergehend zum Kunstkiosk 422, anschließend wurde er mit Hilfe zahlreicher Unternehmen und ehrenamtlicher Unterstützer von Grund auf saniert.
Das Programm organisieren seitdem Janet Rauch und Gilbert Kuczera vom Forum Lohberg, sie sorgen mit großem persönlichen Einsatz dafür, dass das Herz der Blauen Bude schlägt. Den Preis haben sie Prof. Dieter Oelschlägel gewidmt, der im März 2019 verstorben ist. „Er hat die Arbeit des Forum Lohberg lange unterstützt. Sein Ansatz der Gemeinwesenarbeit liegt unserem Handeln und unserer Haltung zugrunde.“
Auf das Jahr 2021 blickt der Vorstand des Forum Lohberg dennoch mit gemischten Gefühlen. Grund dafür ist der Abschied von Gilbert Kuczera. Mit Ende des Jahres 2020 hat er seine Aktivitäten an der Blauen Bude eingestellt.
Gilbert Kuczera hört auf
„Natürlich ist es schwer zu gehen“, sagt Kuczera. „Ich habe mich 15 Jahre in Lohberg engagiert. Irgendwann muss man sich zurückziehen. Jetzt ist es an der Zeit.“ Doch nicht nur der Rückzug einer tragenden Säule bereitet dem Forum Kopfzerbrechen. Man habe das Gefühl, den Themen und Aufgaben, die aus dem Stadtteil erwachsen, nicht mehr gerecht zu werden.
Aus der Sicht des Forums bedarf es daher einer festen Stelle in Lohberg, die Gemeinwesenarbeit umsetzt. Die Arbeit sei ohne hauptamtliche Unterstützung in der Form nicht mehr zu leisten. Mit diesem Anliegen sei man im Juli 2020 bei Politik und Verwaltung vorstellig geworden. Leider nicht mit dem erhofften Ergebnis. Dem Verein wurde signalisiert, dass man keinen Handlungsbedarf sieht.
Ein Beispiel für Demokratie konkret
Bleibt zu hoffen, dass die Blaue Bude trotz der ungünstigen Vorzeichen auch weiterhin eine Wirkung erzielen kann, wie sie die Wüstenrotstiftung als preiswürdig erachtete. Mit dem bundesweiten Wettbewerb „Gebaute Orte für Demokratie und Teilhabe“ suchte die Wüstenrot Stiftung nach Beispielen für Orte, an denen demokratische Werte konkret erfahrbar werden und verschiedenste Bevölkerungsgruppen eine Chance auf gesellschaftliche Teilhabe finden.
Ein Interview mit JanetRauch und Gilbert Kuczera über ihren Einsatz für die Blaue Bude und das Erfolgsmotto „Ich bin einer von WIR“ findet ihr >>hier.