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Sieben Jahre nach der Verlegung eines STOLPERSTEINS für Leo Rech wird Gunter Demnig am 9. November in Lohberg auch einen Stein für dessen Vater Ludwig Rech in der Stollenstraße 28 verlegen

Ein Gastbeitrag von Anne Prior, Vorsitzende des Vereines STOLPERSTEINE für Dinslaken e.V. Sie hat Informationen zum Leben der Familie Rech herausgefunden und teilt sie mit uns. Danke!

Ludwig Rech (Foto privat)

Familienvater

Der Arbeiter Ludwig Rech war 24 Jahre alt und bereits Familienvater, als er 1920 in die KPD eintrat. Wann der in Friedrichsthal bei Saarbrücken geborene Rech nach Dinslaken kam, ist nicht bekannt, da eine Meldekarte der Familie im Stadtarchiv Dinslaken nicht auffindbar ist. Sicher ist jedoch, dass er im April 1927 eine Arbeitsstelle als Bergmann beim Schacht Lohberg annahm und zu dieser Zeit mit seiner Familie in Lohberg wohnte. Sein 1919 in Friedrichsthal geborener, leicht körperbehinderter  Sohn Leo besuchte erfolgreich eine Volksschule in Lohberg. In einer katholischen Einrichtung im Münsterland erlernte er im Anschluss daran den Beruf des Drechslers.

Arbeitsstelle beim Schacht Lohberg

Ludwig Rech hatte seit der Gründung des kommunistischen „Kampfbund gegen den Faschismus“ im Jahr 1930  bis zu dessen Zerschlagung 1933 den Vorsitz der Dinslakener Ortsgruppe inne. Immer wieder kam es in diesen Jahren zu Konfrontationen und Schlägereien zwischen Mitgliedern des Kampfbundes und der SA. Mehrfach wurde das SA-Heim bei Lohberg vom Kampfbund überfallen. Nach dem Reichstagsbrand gehörte Ludwig Rech zu den zahlreichen kommunistischen Funktionären aus Dinslaken, die gemäß der am 28. Februar 1933 von der Reichsregierung erlassenen „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ verhaftet und anschließend in ein Hamborner Gefängnis überstellt wurden. Von Hamborn wurde Rech weiter in das Konzentrationslager Börgermoor verbracht und anschließend von Oktober 1933 bis Ende Dezember desselben Jahres im Konzentrationslager Brandenburg, dem späteren Konzentrationslager Oranienburg, inhaftiert. Seinen Arbeitsplatz hatte Ludwig Rech zu diesem Zeitpunkt bereits verloren. Ende 1936 bekam er jedoch erneut eine Arbeitsstelle beim Schacht Lohberg, die er ohne Unterbrechung bis zum Ende März 1945 innehatte.  

2017: STOLPERSTEINverlegung für Leo Rech (Foto privat)

Sohn Leo als „asozial“. stigmatisiert

Sein Sohn Leo kehrte nach der Ausbildung in Reken in sein Elternhaus in die Stollenstraße 28 zurück, einen Arbeitsplatz bekam er in Dinslaken jedoch nicht. Immer wieder ging der junge Mann auf Wanderschaft, so wie es in vielen Zünften Brauch war. Das erregte die Aufmerksamkeit der Machthaber, der arbeitslose Leo wurde nun als „asozial“ stigmatisiert und für einige Zeit in das „Arbeitshaus“ Brauweiler eingeliefert. 1942 beging er unwissentlich ein „Verbrechen“: Für eine erneute Wanderschaft nahm er alle vier vom Wirtschaftsamt der Stadt für die vierköpfige Familie Rech bestimmten Lebensmittelkarten an sich. Dies fiel dem zuständigen Sachbearbeiter bei der nächsten Ausstellung von Karten für die Familie Rech auf, er informierte ordnungsgemäß die Kriminalpolizei. Für diese war Leo ein „Volksschädling“, schließlich hätte ihm nur eine Lebensmittelkarte zugestanden. Die Kriminalpolizei verhängte nun eine „Schutzhaft“ gegen ihn. Leo Rech wurde als „politischer Schutzhäftling“ am 14. August 1942 von der Kriminalpolizei Essen mit einem Sammeltransport in das Konzentrationslager Auschwitz eingeliefert. Dort wurde er als Häftling Nr. 58609 registriert. Nur zehn Tage nach seiner Ankunft in Auschwitz starb Leo Rech. Sehr wahrscheinlich wurde er nach einer Selektion durch einen SS-Lagerarzt als arbeitsunfähig eingestuft und anschließend mit einer Phenolspritze getötet. 

Ludwig Rech überlebte den Nationalsozialismus und die Kriegsjahre. In den ersten Nachkriegsjahren arbeitete er für die britische Militärregierung in Dinslaken als Kraftfahrer.1955 starb er im Alter von nur neunundfünfzig Jahren. 

Anne Prior