Viele Lohberger haben unerfreuliche Post von der Stadt bekommen. In den Schreiben werden sie aufgefordert, bauliche Veränderungen an ihren Häusern rückgängig zu machen. Begründung: Verstoß gegen den Denkmalschutz. Eine Gruppe von Lohberger Bürgern will das nicht einfach hinnehmen.
Mehr als 30 Lohberger Bürgerinnen und Bürger haben sich zusammengetan zu einer Interessengemeinschaft und wollen sich gegen das Vorgehen der Stadt wehren. Notfalls mit rechtlicher Unterstützung durch ein Anwaltsbüro. Zunächst aber fordern sie die Stadt auf, in den Dialog zu gehen und mit ihnen über die Regelungen der Denkmalschutzsatzung zu sprechen.
Sammlung zahlreicher Anregungen
„Wir haben in einem Arbeitskreis viele Fragen und Ideen von Lohberger Bürgern zusammengetragen“, berichten Kürsad Suna, Muzaffer Bayraktar und Özkan Yildiz für die Gruppe. Mehr als 30 Bürgerinnen und Bürger hätten daran mitgearbeitet. „Wir wünschen uns, Denkmalschutz und zeitgemäßes Wohnen miteinander in Einklang zu bringen“, sagt Muzaffer.
Die Ideen der Interessengemeinschaft aus Lohberg sollen in eine neue Gestaltungssatzung für den Stadtteil einfließen. Sie steht ohnehin auf der politischen Tagesordnung.
Im Einzelnen sollen damit möglich werden:
- Dachausbau mit Gauben
- Großflächige Dachfenster
- mehr Klimaschutz durch Photovoltaik und thermische Solaranlagen
- Wohnraumerweiterung durch Anbauten zur Hofseite
- Barrierefreie Zugänge
- Überdachungen an den Hauseingängen
- Überdachungen an Terrassen und Balkonen
- Kunststofftüren und -fenster
- Einfriedungen an der Hofseite mit Zaunanlagen bis zu 1,80 m Höhe
- Sichtschutz zur Wahrung der Privatsphäre
- PKW-Stellplätze im Vorgarten
- der Bau von Garten- und Gewächshäusern
Diese Liste hat die Arbeitsgruppe bereits im Rahmen einer Ratssitzung im Dezember der Stadtverwaltung und der Bürgermeisterin übergeben und mit Fragen ergänzt. Unterstützt wurde die Gruppe dabei durch die Ratsherren Karl-Heinz Kühler von der UBV und Remzi Ugur, AWG.
Intensive Diskussionen
„Das Erscheinungsbild der Gartenstadt wird durch diese baulichen Maßnahmen nicht verändert“, zeigt sich Özkan überzeugt. Gebäude und Grünanlagen würden damit nur den zeitgemäßen Wohnverhältnissen angepasst. „Ich habe den Eindruck, die Stadtplaner wünschen sich ein Lohberg wie vor hundert Jahren, als die Gartenstadt gerade errichtet war. Aber die Verhältnisse haben sich doch völlig geändert!“ so Muzaffer.
Und ergänzt: „Dass eine Kombination der Moderne mit der Historie in Einklang gebracht werden kann, hat die Stadt erfolgreich gezeigt. Dazu muss man sich das Ledigenheim, die GGS-Schule und das Don-Bosco-Haus anschauen. Sogar eine Packstation ist möglich.“
Im November hatte die Stadt bereits zusammen mit dem Planungsbüro Pesch und Partner zu einer Info-Veranstaltung und Rundgängen durch die Gartenstadt eingeladen. Sogar Videos wurden produziert, um für den Denkmalschutz zu sensibilisieren. Schon damals hatte es intensive Diskussionen gegeben. „Man hat uns gesagt, Plastikzäune mit Sichtschutz müssten in Lohberg verschwinden“, erinnert sich Muzaffer. „Über einen Sichtschutz durch eine Hecke könnte man aber nachdenken.“
Widersprüchliche Signale
Viele Bürger zeigten sich nun irritiert, erzählen die beiden: Einerseits signalisiere die Stadt Gesprächsbereitschaft, zum Beispiel indem sie die Einrichtung einer Anlaufstelle an der Hünxer Straße ankündige, an die sich Bürger mit Fragen wenden könnten. Andererseits versende die Verwaltung seit Monaten amtliche Schreiben an die Bürger an und setze darin Fristen für den Rückbau.
„Für andere Gartenstadtsiedlungen im Ruhrgebiet wurden die Denkmalsatzungen bereits angepasst. Warum zum Beispiel müssen auch für den hinteren Gartenbereich der Häuser strenge Regelungen für den Denkmalschutz gelten, wenn es doch sowieso niemand sehen kann?“, fragt Özkan. „Es würde doch reichen, wenn die Fassaden auf der Straßenseite so erhalten bleiben, das würde auch weiterhin ein einheitliches und geschichtstreues Bild abgeben.“
Irritationen um die Vorgaben
Die Auseinandersetzung um den Denkmalschutz begleitet Lohberg schon länger. Schon mehrfach hatte die Stadt in den vergangenen zwei Jahren darauf hingewiesen, dass Änderungen an Häusern der Gartenstadt erst beantragt und genehmigt werden müssen. Viele hat sie damit aber offenkundig nicht erreicht. 2020 wurde angekündigt, gemeinsam mit den Bürgern eine neue Gestaltungsfibel zu erstellen, in der Tipps und Empfehlungen für Lösungen gesammelt werden, um Denkmalschutz und Bedürfnisse der Menschen unter einen Hut zu bekommen.
Hört man sich bei Betroffenen um, verweisen diese oft auf unklare Regeln und Vorgaben. So habe man sich bei Änderungen an Nachbarn oder Freunden orientiert, die im Einzelgespräch mit der Baubehörde Lösungen oder Kompromisse für ihre Umbauten gefunden hätten. Einige verweisen auch auf die Umbauten an der Schule oder anderen großen Gebäuden. Dort habe man schließlich einen hohen Zaun um das Gelände gesetzt. Warum also sollte das nicht auch für sie und ihr Haus möglich sein?