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Für unsere Serie zum Theaterstück „Roter März“, das Ende April seine Weltpremiere feiert, haben wir den Kölner Projekt- und Produktionsleiter Jürgen Wippich befragt. Nach dem Ruhrgebietskultstück „Unter Tage“, das im Rahmen von RUHR.2010 auf der Zeche Lohberg Premiere hatte, ist es seine zweite Zusammenarbeit mit Adnan G. Köse. Herzlichen Dank für die Auskünfte!

Jürgen Wippich (Foto: privat)

Was bedeutet Ihnen „Roter März“?
Pandemiebedingt liegt das Datum „100 Jahre Ruhrrevolution“ schon ein Jahr hinter uns. Die Wichtigkeit dieser Thematik bleibt bestehen. Erinnern ist ein Prozess, der uns alle betrifft, und daher sehe ich es als wichtigste Aufgabe an, an dieses für die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland bedeutende Ereignis zu erinnern. Dabei ist es nicht unser Anspruch, geschichtliche Aufklärung zu betreiben. Aber wir können eine Thematik nach vorne bringen, die in historischer Fachliteratur und in Ausstellungen bis in die jüngste Gegenwart immer wieder präsent ist, jedoch im kulturellen Gedächtnis der Bevölkerung kaum angekommen ist.

Die Ereignisse des Jahres 1920 sind nur dann zu verstehen, wenn die geschichtlichen Ereignisse der Jahre zuvor besprochen werden. Es war eine Zeit der politischen, sozialen und ökonomischen Unruhen. Der Wunsch nach besseren Lebensbedingungen und höheren Löhnen sind Themen, die bis heute unsere Gesellschaft bewegen. Daher bedeutet es mir sehr viel, dass Roter März hier für eine Erinnerung an die Ereignisse und der Zeit zwischen 1912 und 1920 sorgen kann, vielleicht auch um zu lernen oder Zusammenhänge besser zu verstehen.

Wie entscheidend ist Lohberg beziehungsweise die Geschichte des Stadtteils für das Stück?
Lohberg ist der Rahmen für die gesamte Geschichte um Roter März. Nicht nur die oben genannten geschichtlichen Rahmenhandlungen finden in Lohberg mit der Niederschlagung der Roten Ruhrarmee ihren Höhepunkt. Auch die Darstellung der kirchenhistorischen Persönlichkeit des Pfarrers Albert Nienhaus ist untrennbar mit dem Stadtteil verbunden. Das Stück, welches aus der Kathrin-Türks-Halle gestreamt wird, findet in unmittelbarer Nähe zu den realen Orten der Ereignisse statt – Ledigenheim, Marienschule, Zeche Lohberg, Lohnhalle etcetera. So macht die Produktion mit Film und Theater Geschichte seh- und erlebbar. Das Schöne dabei ist, dass vieles sich sinnbildlich auf weitere Orte des Niederrheins oder des Ruhrgebiets übertragen lässt. Somit erzählt Lohberg eine Geschichte, die auch die Identifikation mit der gesamten Region Ruhr schärft.

Und gerne noch ein, zwei Sätze zu dem, was Ihnen besonders wichtig ist.
Besonders wichtig ist mir, dass wir es geschafft haben, in diesen besonderen Zeiten ein Format zu entwickeln, welches aus hochwertigen Filmeinspielern plus Theater eine neue Form der Unterhaltung darstellt. Ein Format, welches vor einem Jahr noch undenkbar war. Da keine direkte Form der Kommunikation am Abend mit dem Publikum stattfinden kann, wäre es schön, wenn die Zuschauer des Livestreams ihre Meinungen und Gefühle in den sozialen Netzwerken äußern. facebook.com/rotermaerz oder # ruhrgebietsdrama bieten da die Möglichkeiten.