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Zehn über 80-jährige ehemalige Bergarbeiter aus Lohberg hat der bekannte Dinslakener Filmemacher Adnan G. Köse für seinen neuen Dokumentarfilm „Das Abkommen“ interviewt. Sein eigener Vater ist extra für die Dreharbeiten aus der Türkei angereist, wo er seit Jahren wieder lebt. Ende September soll der Film Premiere haben. „Es wird ein ‚Danke‘ für unsere Väter und Großeltern sein“, erklärt Adnan Köse.

In den 1960-er und 70-er Jahren haben sie auf der Zeche Lohberg gearbeitet, und viele von ihnen leben nach wie vor in ihrer Wahlheimat: betagte Männer, die als junge Leute aus der Türkei nach Dinslaken kamen, um als Bergmann zu malochen. Sie haben eine Menge zu erzählen: wie das damals war unter Tage und wie ihr Alltagsleben in dem unbekannten Land aussah. Adnan Köses Familie ist eng mit dem Bergbau verbunden, ebenso wie die des mitwirkenden Dinslakener Musikers Ali Dilekci.

erste deutsch-türkische Ehe in Lohberg

Beide Väter haben auf der Zeche Lohberg gearbeitet, und Adnans Eltern haben wohl die erste deutsch-türkische Ehe in Lohberg geschlossen. Vor den denkmalgeschützten Gebäuden seines früheren Arbeitsortes auf der Zeche Lohberg erzählt der ehemalige „Gastarbeiter“ Sevket Köse von den Anfängen unter Tage und der Liebe zu seiner Frau. 

Die alten „Kumpels von unter Tage“ lernten sich erst kennen, nachdem sie als Arbeitskräfte aus der Türkei nach Deutschland „entsendet“ wurden. Sie alle kamen auf der Grundlage eines nicht mehr als zweiseitigen Dokumentes, in dem das Auswärtige Amt in Bonn mit der türkischen Botschaft am 30. Oktober 1961 das sogenannte Anwerbeabkommen geschlossen hatte, berichtet Adnan Köse.

Sevket Köse (83), der Vater des Regisseurs, ist der Hauptdarsteller – hier in einer Filmszene.

Der Dokumentarfilm von Adnan G. Köse ist in Kooperation mit der Stadt Dinslaken realisiert worden. Er zeige, erklärt Köse, dass ein solches Abkommen auf dem Papier zwar imstande war, die deutsche Wirtschaft vor allem im Ruhrgebiet erfolgreich anzukurbeln, jedoch nicht die Träume und Sehnsüchte vieler Menschen zu erfüllen, die dabei halfen, dies zu ermöglichen.

ohne integrativen Ansatz eine Existenz schaffen

„Fernab jeglichen integrativen Ansatzes, wie wir ihn heute kennen, waren sie auf sich allein gestellt. Sie waren ‚Gäste‘, die im Rahmen des Abkommens ‚arbeiteten‘: Ohne geförderte Sprachkurse oder täglich zelebrierter medialer Willkommenskultur, wie sie heute üblich ist. Trotz aller gesellschaftlicher, sprachlicher und kultureller Hürden ist es ihnen gelungen, sich und ihren Familien mit harter körperlicher Arbeit eine Existenzgrundlage zu schaffen, die bis heute viele Jahrzehnte überstanden hat.  Sie sind die wahren Vorbilder für alle nachfolgenden Generationen“, führt der Filmemacher aus. „Der Dokumentarfilm ‚Das Abkommen‘ ist eine nachdenklich stimmende Hommage an diese Senioren, die Männer der ersten türkischen Generation in Dinslaken-Lohberg.“

„Ali Dilekci macht nicht nur die Musik für den Film, sondern ist als Vertreter der zweiten Generation meine Brücke zu den über 80-jährigen Männern“, erzählt der Regisseur. Seit neun Monaten haben sie die Langzeit-Doku produziert. Die Technik habe sich dank Künstlicher Intelligenz innerhalb eines Jahres so vereinfacht, das die Arbeit mit der Kamera alleine oder zu zweit möglich sei.  

alte Fotos von Lohbergern dringend gesucht

„Ich suche dringend nach alten Fotos aus den 60-er bis 80-er Jahren vom Alltags- und Familienleben in Lohberg“, ruft Adnan Köse die LohbergerInnen dazu auf, ihm – möglichst bald – solche Fotos zur Verfügung zu stellen. „Die Fotos und auch Super 8-Szenen will ich digitalisieren und im Film zeigen.“ Wer Lust hat, auf diese Weise an der Doku mitzuwirken, kann sich unter info@ndi-film.de an Adnan G. Köse wenden.

Die Premiere seines Films in Deustch und Türksich (mit Untertiteln) fände er im Rahmen der Dinslakener Integrationswoche toll, am liebsten Ende September im Ledigenheim.

Der bekannte Filmemacher und Regisseur hat die Geschichte Lohbergs und seiner Menschen schon mehrfach zum Thema seiner Arbeit gemacht. Unter anderem in seinem Bergarbeiterdrama „Roter März“ und dem darauf beruhenden, 2016 gedrehten Film. Auf seine neue Doku mit „Seelenmusik“ von Ali Dilekci dürfen die LohbergerInnen gespannt sein!