Schüsse. Islamisten. Kriminalität. Die Vorurteile über Lohberg sitzen tief. Wir haben eingesammelt, was andere über den Stadtteil denken und welche Urteile besonders verbreitet sind. Auftakt einer Serie, in der wir Vorurteile einem gründlichen Check unterziehen.
Der Anlass liegt schon etwas länger zurück. Im vergangenen Oktober tobte in der Facebook-Gruppe Dinslaken aktuell eine heiße Diskussion. Tine Kurz hatte in einem Post berichtet, ihr sei eine Wohnung in Lohberg angeboten worden. Ihre simple Frage an die Gruppe: „Wie lebt es sich in dem Stadtteil denn so?“
Warnungen per PN
Was dann geschah, damit hatte Tine nicht im Geringsten gerechnet: Ein Sturm brach los. An die hundert Kommentare, fast 40 persönliche Nachrichten, die meisten davon Warnungen, wie uns Tina auf Nachfrage erzählte.
Über 24 Stunden wurde heiß diskutiert. Die Positionen konnten gegensätzlicher kaum sein. Lohberg, ein Drecksloch, bewohnt von einer türkischen Parallelgesellschaft, Islamisten und Drogendealern, das sagten die einen. Lohberg, das heimelige Dorf, in dem jeder jeden kennt, man sich hilft und nachts getrost die Haustür offenstehen lassen kann, sagten die anderen.
Der schlechte Ruf begleitet Lohberg wohl von Geburt an. Vor hundert Jahren warnten Außenstehende vor den roten Garden. Nun vor Islamisten und Kriminellen.
Hier die größten, zum Teil auch verwunderlichsten Urteile über Lohberg:
- In Lohberg muss man Angst haben, wenn man nachts über die Straße läuft.
- In Lohberg gibt es viel Kriminalität. Schüsse, Dealerei, Überfälle, Einbrüche und Belästigung sind an der Tagesordnung.
- Lohberg ist voller Islamisten.
- In Lohberg wohnen nur Türken. Nach Belieben austauschbar mit „In Lohberg leben nur Ausländer.“ Oder „In Lohberg leben nur Assis.“
- In Lohberg kann man sich nur auf Türkisch verständigen.
- Jeder zweite junge Mann fährt ein dickes Auto und verkauft Drogen auf dem Johannisplatz.
- In Lohberg wird gerast.
- Der Muezzin macht einen am Wochenende wach.
- Nachts hat man in Lohberg nie seine Ruhe. Schreie, Schüsse. Autos. Lärm.
- Müll. Überall Müll.
Wir haben uns das nicht ausgedacht. All diesen Urteilen über den Stadtteil sind wir auf Kommentaren bei Facebook begegnet. Wir in der Redaktion von Lohberg Mittendrin sind davon überzeugt, dass es sich um grobe Vorurteile handelt. Mit der Wirklichkeit haben sie jedoch kaum etwas zu tun.
Offen für Fakten
Doch fest steht auch: Viele dieser Meinungen sind weit verbreitet und sitzen fest verankert in den Köpfen. Für uns bei Mittendrin heißt das: Wir nehmen die Herausforderung an! In einer Serie wollen wir jede Aussage einzeln unter die Lupe nehmen und so gut wie möglich überprüfen.
Mit Ernsthaftigkeit und der nötigen Offenheit für unangenehme Wahrheiten da, wo es nötig ist. Mit Humor dort, wo es möglich ist. Dafür suchen wir noch Leute, die uns unterstützen. Es geht ums Schreiben, Fotografieren, Filmen und natürlich Recherchieren. Meldet euch, wenn ihr Interesse habt. Das Projekt könnte unterhaltsam, aber auch lehrreich werden.
Große Hilfsbereitschaft
Zum Abschluss noch etwas außerordentlich Wichtiges. In all den Diskussionen über Lohberg ließ sich eine ungeheuer große Solidarität mit dem Stadtteil beobachten. In der Regel fanden sich leidenschaftliche Fürsprecher, die den Stadtteil und seine Menschen in Schutz nahmen.
Beispielhaft dafür steht ein Kommentar auf Facebook:
„Hier passt jeder auf jeden auf. Eine solche Hilfsbereitschaft hab ich bisher in keinem anderen Stadtteil so erlebt…“
Ein besseres Fundament für eine gute gemeinsame Zukunft des Stadtteils kann es vermutlich kaum geben. Teil 1 der Serie veröffentlichen wir voraussichtlich in zwei bis drei Wochen.